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Anwaltskanzlei Winkler
Arbeitsplatzabbau im Erzbistum Berlin

Das Erzbistum Berlin steht aufgrund der schwierigen finanziellen Situation vor tiefgreifenden strukturellen Veränderungen. Die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit des Erzbistums wird u.a. durch Zusammenlegung von Gemeinden und eine erhebliche Reduzierung der hauptamtlich beschäftigten Mitarbeiter angestrebt. Bis zu 400 Stellen sollen eingespart werden. Die kirchlichen Mitarbeiter, die von dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bedroht sind, sollten folgendes beachten:

I. Was ist zu beachten?

Für die technischen Mitarbeiter (u.a. Pfarrsekretariat, Hausmeister/Küster, Reinigungskräfte, Kirchenmusiker) gelten wie für alle Arbeitnehmer die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen, die auch den Weg vor die Arbeitsgerichte eröffnen.

Das Arbeitsrecht erschwert Kündigungen in vielfacher Hinsicht und schützt Arbeitnehmer sehr weitgehend. Daher wird beim Stellenabbau zunächst der Versuch im Vordergrund stehen, Mitarbeiter zur freiwilligen Reduzierung oder Aufgabe ihres Arbeitsplatzes mit oder ohne Abfindung zu bewegen. Erst wenn dies scheitert, dürften Kündigungen ausgesprochen werden. Die ersten arbeitsrechtlichen Maßnahmen werden aber recht kurzfristig nach den Gremienwahlen auf die Mitarbeiter zukommen, da die Kirchenvorstände unter erheblichem Druck stehen. Grundsätzlich sollten Sie in einem solchen Fall beachten:

1. Geben Sie keine Erklärung ab oder unterschreiben Sie nichts, ohne zuvor den Rat eines Rechtsanwalts eingeholt zu haben. Eine vorschnelle Unterschrift kann ihre Rechtslage unwiederbringlich verschlechtern. Auch die Kirchenvorstände werden sich durch das Bistum und durch Anwälte rechtlich beraten lassen.

2. Soll Ihr Arbeitsvertrag geändert oder aufgehoben werden oder erhalten Sie eine Kündigung, sollten Sie unverzüglich einen Rechtsanwalt aufsuchen. Dieser wird dann die notwendigen Schritte unternehmen (z.B. Einhaltung von Fristen, Erhebung einer Kündigungsschutzklage, Anrufung der Schlichtungsstelle). Gerade bei einer Kündigung sind kurze Fristen zu beachten (z.B. 3-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage), so dass schnellstmöglich gehandelt werden muss.

3. Klären Sie, ob die ggfs. zuständige MAV beteiligt war.

4. Melden Sie sich mit der Kündigung unverzüglich beim Arbeitsamt

II. Was kostet ein Rechtsanwalt?

Die Kosten einer ersten Beratung (ca. 1 Stunde) sind je nach Anwalt unterschiedlich, liegen oft aber nur bei etwa 75,00 €. Hier können die weiteren Schritte abgestimmt und über die Erfolgsaussichten beraten werden. Wird dem Anwalt die Vertretung übertragen, richten sich die Gebühren nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung. Über die Höhe der Kosten gibt der Anwalt vorab genaue Auskunft. Sind Sie ausreichend rechtsschutzversichert, entstehen Ihnen überhaupt keine Kosten.

III. Was gilt im Einzelnen?

1. Aufhebungsvereinbarung
- 3-monatige Sperrfrist durch das Arbeitsamt droht, wenn Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis freiwillig aufgibt (Verlust von Arbeitslosengeld)

- steuerliche Gestaltung der Abfindungszahlung ist erforderlich. Es sind nur bis zu 8.181,00 € Abfindung grundsätzlich steuerfrei.

- Anrechnung Abfindung auf Arbeitslosengeld droht, wenn Arbeitsverhältnis vor Ende der Kündigungsfrist aufgehoben wird

- Höhe Abfindung ist Verhandlungssache. Das Angebot des Arbeitgebers muss nicht angenommen werden. Es gibt keine feststehenden Sätze für Abfindungen. Beratung und Vertretung lohnen sich.

2. Sozialplan
- Regelung des Sozialplans sind grundsätzlich verhandelbar und müssen nicht durch den Arbeitnehmer akzeptiert werden. Dies gilt insbesondere für die Höhe der angebotenen Abfindung.

- Sozialplanabfindung und Regelungen bleiben auch im Falle einer Kündigungsschutzklage erhalten. Regelungen können dann ggfs. im Verfahren getroffen werden. Beratung und Vertretung lohnen sich.

3. Kündigung
- Kündigungsschutzgesetz ist anwendbar, wenn der Arbeitgeber mehr als 5 Vollzeitbeschäftigte hat und das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht.

- Klagefrist beträgt 3-Wochen ab Zugang der Kündigung. Wird sie versäumt. kann sich der Arbeitnehmer in der Regel nicht mehr auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung berufen.

- Kündigungsgrund muss vorliegen. Dieser kann in der Person des Arbeitnehmers liegen oder betriebsbedingt sein.

- Sozialauswahl ist durch den Arbeitgeber zu treffen. Es muss der am wenigsten schützenswerte Arbeitnehmer gekündigt werden. Hier ist oft streitig, welche Arbeitnehmer in die Auswahl einzubeziehen sind und wie die Kriterien gewichtet werden. Viele Kündigungen scheitern an der Sozialauswahl. Hier ist Beratung und Vertretung sinnvoll.

- Kündigung ist letztes Mittel. Solange ein anderer geeigneter und vergleichbarer Arbeitsplatz im Erzbistum vorhanden ist, wäre eine Kündigung unwirksam.

4. Änderungskündigung
- Vorbehaltlose Ablehnung: Kündigungsschutzklage erforderlich (Anrufen der kirchlichen Schlichtungsstelle nicht ausreichend !) Gewinnt Arbeitnehmer den Prozeß: Weiterbeschäftigung zu den alten Bedingungen. Verliert Arbeitnehmer den Prozeß: Ende des Arbeitsverhältnisses.

- Annahme unter Vorbehalt: Erklärung ggü. Arbeitgeber und Erhebung Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen. Vorläufige Weiterbeschäftigung zu den geänderten Bedingungen nach Ende der Kündigungsfrist. Gewinnt Arbeitnehmer den Prozeß: Weiterbeschäftigung zu alten Arbeitsbedingungen. Verliert Arbeitnehmer den Prozeß: Weiterbeschäftigung zu den neuen Arbeitsbedingungen. Der Arbeitsplatz bleibt erhalten.

- Vorbehaltlose Annahme: Weiterbeschäftigung zu den neuen Arbeitsbedingung.

In praktisch jedem Fall besteht für den betroffenen Arbeitnehmer ein erheblicher Beratungs- und Gestaltungsbedarf. Auch wenn eine Kündigung ausgesprochen wird, besteht eine Vielzahl von Möglichkeiten zu reagieren mit dem Ziel, den Arbeitsplatz zu erhalten oder eine Besserstellung zu den durch den Arbeitgeber angebotenen oder im Sozialplan enthaltenen Bedingungen zu erreichen.